Eine ganz persönliche Reise
Ich hatte mal wieder nicht nachgedacht. Ich habe erst auf mein Herz gehört und dann überlegt. Ja, das mache ich öfters. Ob es immer gut ist, das sei mal da hingestellt. Jedenfalls hat es mir mein, oder besser gesagt unser, Housesitting-Abenteuer beschert. Denn bei erst nachdenken und abwägen wäre vielleicht etwas anderes herausgekommen. Und so erzähle ich Euch meine ganz persönliche Geschichte(n) mit vielen Höhen aber auch mal Tiefen aus Willis/Texas.
Bevor es aber persönlich wird, noch zwei Fragen, welche Ihr Euch eventuell beim Housesitting-Thema auch stellt:
Ist Housesitting wirklich feeling like a Local?
Das Gefühl zu Hause zu sein ereilte uns schnell. Schon nach wenigen Stunden war es irgendwie "unser Haus". Denn das Haus war ein Traum, die Umgebung wunderbar - besser hätten wir es für uns kaum erwischen können. Die Nachbarn winkten einem immer freundlich zu, die Katzen akzeptierten uns nahezu problemlos und wir fühlten uns wohl - was will man mehr?
Ich kümmerte mich um den Garten, die Post, die Tiere, das Haus, ging einkaufen, machte die Wäsche... so, dass ein Nachbar tatsächlich der Annahme war, ich sei hier eingezogen. Man stellte sich mir vor, man lauschte unserer Geschichte und man freute sich auch uns zu sehen! Definitiv hatte ich das Gefühl hier in der Straße zu wohnen, kein Vergleich zu sonstigen Urlaubsaufenthalten in den USA.
Bekanntschaften machen unter den Locals?
Natürlich hatte ich schon vorab die Hoffnung gehabt ein paar Nachbarn kennen zu lernen, um mit den Locals ins Gespräch zu kommen. In den USA fällt einem das ja recht einfach und wie bereits erwähnt waren wir schnell bei den Nachbarn akzeptiert. Mit Einigen traf ich mich immer wieder auf ein Pläuschchen und mit einer Familie entstand eine ganz besondere Beziehung. Aus einem "kurz die Kinder spielen lassen" wurden zwei Stunden! Beim nächsten Treffen war es dann ein ganzer Nachmittag und zuletzt saßen wir bis in die Nacht hinein zusammen.
Es passte einfach wunderbar und so war der Abschied am Ende nicht einfach. Es fiel uns wirklich schwer "goodbye" zu sagen. Samu freut sich noch heute wenn ich ihn an seinen gleichaltrigen Spielpartner erinnere. Am liebsten will er dann sofort losziehen. Die 5-jährige Tochter der "Freunde" fragt immer wieder nach, wenn wir denn wieder "heimkommen". Ja, wir halten den Kontakt. Dank diverser Dienste kann man heutzutage ja sogar Sprachnachrichten verschicken. Für uns steht fest: wir wollen uns unbedingt wieder treffen!
Ab hier wird´s ganz persönlich:
Unsere Krankengeschichte...
Es war noch keine Woche vergangen, da bekam Samu einen Schnupfen. Ich auch. Bei mir war ich nicht sicher, ob meine Katzenallergie sich bemerkbar machte - ja, ich Schlaumaier bin tatsächlich gegen weiblichen Katzen allergisch und habe mich dennoch beworben - oder ob es die typische Erkältung dank der eiskalten Klimaanlagen in den USA war. Letzteres vermutete ich bei Samu: immerhin waren es draußen weit über 30 Grad und drinnen gefühlt keine 20. Ich rückte meiner "Allergie" mit Tabletten zu Leibe und bekämpfte Samus Erkältung mit Hustensaft. Bei mir stellte sich Besserung ein, bei Samu wurde es schlimmer.
So schlimm, dass er Samstagmorgens mit vereiterten Augen aufwachte und über eine halbe Stunde hustete bis er heulte. Da war mir klar, dass geht so nicht! Auch wenn er kurz darauf wieder gut gelaunt und aktiv war, ich musste handeln. Ein wenig komisch war mir trotzdem zu Mute. Alleine mit Kleinkind zum fremden Arzt? Wähle ich den Richtigen? Wie teuer wird es? Ein paar Minuten machte ich mich ein wenig verrückt, dann war mir klar: so wird das nix! Ruhig Blut, alles gut, ich schaffe das!
Und so war es natürlich. Ich wählte eine Familien-Notfall-Praxis aus, fuhr hin und letzten Endes war alles ein "Klacks". Wie überall war man freundlich und hilfsbereit und innerhalb weniger Minuten war eine Ärztin bei uns. Das Ergebnis kennt ihr vermutlich noch: Mittelohrentzündung. Die Antibiotika-Behandlung schlug schnell an und zwei Tage später spielte Samu wieder ausgelassen.
Rund-um-die-Uhr-Mama: nichts ist anstrengender!
Ich bin jemand der gerne ein paar Minuten für sich hat. Zu Hause bin ich zwar auch viel mit Kind alleine, allerdings kommt am Abend meist Papa oder die Oma ist fast täglich da UND vor allem hat Samu seine Spielsachen und sein Zimmer. Das gab es in Texas nicht. So brauchten wir ein bischen Zeit um uns zu "arrangieren".
Ich gebe es zu, ich bin schnell am explodieren, vor allem wenn Samu im riesen Walmart Superstore plötzlich davonrennt und nicht mehr auffindbar ist oder einfach Sachen auspackt. Da musste ich gaaaanz tief durchatmen um nicht komplett auszuflippen. Dass ich ihn mehr bespaßen musste als zu Hause war das kleinere "Übel". Ja wirklich, dass ständige hinterherrennen und beobachten machte es echt anstrengend. Abends war ich daher meist ziemlich kaputt. Ich wollte nach einem Drink nur noch ins Bett. Bloggen - wie ich es mir vorgenommen hatte - nee, darauf hatte ich keinen Bock mehr! Meine Hochachtung an Alleinerziehende mit Kleinkind!
Die Mama-Sohn-Findung
Die ersten Tage waren also ehrlich gesagt eine Herausforderung für uns. Hauptsächlich aus den bereits genannten Gründen. Naja, und der Jetlag spielte wohl auch noch eine Rolle. Mit der Zeit klappte unsere Kommunikation aber immer besser. Irgendwie entwickelten wir uns von Tag zu Tag weiter. Natürlich explodierte ich immer noch, als Samu das Sofa eincremte (!) oder beim Blaubeeren-Pflücken irgendwo unauffindbar zwischen den Sträuchern verschwand. Aber irgendwann konnte ich es gelassener nehmen und ich merkte, dass der Zwerg oftmals merkte, dass es nicht gut war was er getan hatte.
Ich habe den Eindruck, dass sich unsere Mama-Sohn-Beziehung durch die Zeit in Texas verfestigt hat. Wir haben ein innigeres und tieferes Verhältnis bekommen, wir verstehen uns besser und wir akzeptieren uns gegenseitig so wie wir sind.
Housesitting-Fazit:
Das Housesitting hat mich definitiv um mehrere Erfahrungen bereichert. Es hat mir gezeigt was ich selbst alles kann, wie selbstständig ich bin, wie gut ich alleine zurecht komme! Das mag sich komisch anhören, ist aber so! Oftmals traut man sich etwas nicht zu, zweifelt oder denkt das ist echt hart allein. Ja, das mag sein, alleine mit Kleinkind ist es oft mal hart, aber machbar und schön!
Es sind Kleinigkeiten, die mir in dieser Zeit viel mehr aufgefallen sind. Momente, die ich mit meinem Sohn gelernt habe zu schätzen. Situationen, die wir ganz alleine gemeistert und im Nachhinein genossen haben. Eindrücke, die nur uns beiden alleine gehören! Es war trotz aller Schwierigkeiten eine wahnsinnig tolle und vor allem intensive Zeit.
Fazit: ich bin sehr froh es mit meinem Zwerg gemacht zu haben und würde es jederzeit wieder tun!
*Wenn Du Dich über diesen Link anmeldest bekommen wir 3 Monate kostenlos verlängert.
Diesen Text haben wir bei der Blogparade "Allein mit Kind reisen" von unterwegsmitkind eingereicht, um Elternteile zum Reisen zu ermutigen.
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Stefan (Mittwoch, 27 Juni 2018 10:59)
Oh ja, diese Erfahrung nimmt Dir keiner mehr. Als wir nach Neuseeland sind, brauchten wir gefühlte 6 Monate, um dort vollends anzukommen. Und dabei mussten wir nicht diese Geschichten überwinden, die Euch ins (fremde) Haus standen. Chapeau.
Liebe Grüße aus dem Süden, Stefan von www.6inavan.com
Angela (Montag, 02 Juli 2018 09:02)
Ja, ein Kleinkind rund um die Uhr allein zu betreuen, kann wirklich anstrengend sein. Ich finde es gut, dass dir der Unterschied klar geworden ist, wie es ist, wenn Alleinerziehende das wirklich rund um die Uhr und 7 Tage die Woche machen. Aber ihr habt das ja alles ganz prima gemeistert, wenn auch sicher mit einigem Herzklopfen.
Liebe Grüße
Gela