Fast wie immer! Nur die Reisen fehlen.
Ich fühle mich leicht unwohl, wenn ich diesen Artikel schreibe, denn eigentlich sollte Corona nicht zum Thema werden. Aber so wirklich wird es das nicht. Versprochen! In diesem Bericht wird auch keineswegs über das Virus gejammert. Denn wir kommen mit all den Einschränkungen ganz gut klar. Ja tatsächlich! Von uns aus, könnte es sogar fast so weitergehen. Und das haben wir auch unseren vielen Reisen zu verdanken.
Alle Jahre wieder... oder so ähnlich.
Vorweg genommen: irgendwie erinnert uns dieses Jahr ein wenig an das Vergangene. Nicht nur, dass jegliche Pläne und Ideen abrupt über den Haufen geschmissen wurden und noch werden, sondern noch weitere Parallelen tauchen auf. Wie bereits im letzten Winter erfasste mich in diesem wieder eine Lungenentzündung. Sogar bereits zum dritten Mal in Folge wird aus einem Städtetrip nach Osteuropa nichts. Nach Krakau und Warschau, werden wir über Ostern nicht nach Budapest fliegen. Damit haben wir uns entschlossen: drei Mal war's nix, ein viertes Mal werden wir es nicht versuchen. Aber das ist eben so.
Wie unsere Reisen die Einschränkungen durch Corona erleichtern:
In den vergangenen Jahren waren wir viel unterwegs. Immer individuell, nicht nur an einem Ort und nicht nur auf die selbe Art und Weise bspw. als Camper, Backpacker oder 5*-Tourist. Warum wir finden, dass uns das in der jetzigen Situation auch sehr hilft und welche Erfahrungen es waren, verraten wir hier:
1. Zusammenhalt als Familie
Es war eine der ersten Erfahrungen welche wir bei unserer fast vierwöchigen Elternzeit-Reise lernen mussten. Wer die ganze Zeit aufeinander sitzt, muss auch (wenn es mal schwer fällt) Probleme gemeinsam bewältigen. Das klingt logisch, in der Realität, im Alltag ist es aber meist anders. Man kann sich immer irgendwie durchmogeln - egal ob als Paar oder Familie. Man verkriecht sich, haut ab, geht dem anderen aus dem Weg, bis das Problem vergessen ist.
Auf einer Reise geht das nicht. Hier muss man sich, wenn etwas nicht so läuft, anpassen und als Familie an einem Strang ziehen. Das ist nicht immer einfach. Nicht umsonst sind die Trennungsraten nach vielen gemeinsamen Tagen (wie Weihnachten) oftmals höher. Denn man geht sich - um es auf den Punkt zu bringen - auf den Sack. Lagerkoller. Bei uns glücklicherweise nach etlichen gemeinsamen Wochen, auch auf engstem Raum, kein Problem mehr (meist).
2. Spontan bleiben und Ruhe bewahren
Auch das haben wir schnell gelernt, wenn es mal nicht so läuft: Ruhe bewahren. Anstatt drei Stunden ist man fünf Stunden im Auto unterwegs, das Kind quengelt den ganzen Tag, das Wetter ist absolut mies und ihr seid falsch gekleidet, der Kleine läuft bei der Wanderung keinen Zentimeter mehr, nichts klappt was man unternehmen wollte.... all das erlebt man auf Reisen, denn es ist nicht nur Sonnenschein. Und solche Situationen sind nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Wir haben gelernt damit zurecht zu kommen und uns spontan anzupassen.
Genau das kann nun zu Hause eintreten. Ihr habt eine Video-Konferenz und das Kind schreit im Nebenzimmer, ihr müsst eine wichtige Mail verfassen und das Kind tippt immer auf die Tasten oder oder oder. Jetzt ist eben eure spontane Anpassungsfähigkeit gefragt. Und nicht die Ruhe verlieren, sonst eskaliert es ;-)
3. Lange Zeit aufeinander sitzen
Für viele ist es ungewohnt, wenn ständig die gesamte Familie zu Hause sitzt. Bei uns ist auch das nicht ganz ungewöhnlich. Da ich fast nur von zu Hause aus arbeite und Rolf ebenfalls gerne im Home-Office ist, sind wir es gewohnt. Gleichermaßen ist auch unser Sohnemann lange Zeit ohne Kindergarten gewesen und vermisst diesen nun überhaupt nicht.
Auf längeren Reisen ist man ebenfalls den gesamten Tag zusammen und ohne Kindergarten, dafür manchmal mit Arbeit. Deshalb haben wir gelernt es passend zu organisieren. Natürlich kann es mal zu Differenzen kommen, aber wir finden immer eine passende Lösung für alle. Dass Papa nun also zu Hause arbeitet und ich viel mit dem Zwerg mache ist kein Problem. Alle genießen diese Situation total. Mittlerweile wird es für uns ehrlich gesagt schon eher schwieriger wieder in die eigentlich "normale" Situation zurück zu kehren. Denn wir finden es toll so viel Zeit miteinander zu verbringen. Arbeit, Haushalt und Freizeit zu teilen und alles mehr unserem Tempo anzupassen.
4. Dankbarkeit
Wer nicht nur reist um Sightseeing - Highlights abzuhaken, sondern um Kulturen kennen zu lernen, der weiß wie gut es uns geht. Nein, dieser typische Satz ist nicht so dahin geschrieben. Es ist definitiv (noch) so. In vielen Dingen können wir Deutschen uns glücklich schätzen. Auch wenn nicht alles perfekt ist und ich selbst auch jammer, das deutsche Gesundheitssystem ist gut. Keine Diskussion.
Wir haben bei Reisen nach Südafrika und Lesotho, aber auch bei unseren Freunden in den USA, schon viel erfahren und erlebt. Wir wissen diese Einblicke zu schätzen. Und wir haben gelernt dankbar zu sein - auch wenn wir es selbst manchmal wieder vergessen. Nur in wenigen anderen Ländern würde es uns mit dem Corona - Virus so gut gehen, wie es uns zu Hause geht. Auch wenn man bedenkt unter welchen Umständen viele Menschen leben und mit welchen Einschränkungen Menschen rund um den Globus immer leben müssen, dann sollten wir alle etwas dankbarer sein.
Ja, man kann an vielen meckern, aber ein wenig mehr Dankbarkeit macht es einem auch selbst wieder leichter. Das möchte ich euch von unseren Reisen mit auf den Weg geben.
5. Sabbatical als Corona - Probe
Zuletzt war das 9-monatige Sabbatical im vergangenen Jahr eine gute Probe. Aufgrund der Zwischenfälle konnten wir nicht so häufig und lang verreisen, wie wir vorgehabt hatten. So waren wir vergangenes Jahr bereits lange zu Hause und mussten die Zeit rumbringen. Natürlich war es damals problemlos möglich vor die Türe zu treten und etwas zu unternehmen, aber das macht man nicht täglich. Somit waren wir auch viel zu Hause und haben uns miteinander beschäftigt - von morgens bis abends. Da konnten wir all die oben genannten Dinge in Erinnerung rufen und beherzigen.
Unser Corona-Fazit:
Wir finden die aktuelle Corona - Zeit ein gute Möglichkeit um als Familie weiter zusammen zu wachsen. Natürlich sind wir in einer nicht ganz schlechten Ausgangslage. Das Kind muss noch nicht in die Schule, Papa hat einen guten Job und ich kann mich um den Kleinen kümmern. Letzteres fällt auch mir oft nicht leicht, zumal die Lungenentzündung noch nicht ausgeheilt ist. Und ja, auch mir ist meine journalistische Tätigkeit komplett weggebrochen. Die lokale Zeitung hat Kurzarbeit angekündigt, es gibt keine Termine und somit keine Arbeit für mich. Jetzt kann ich ohne Ende jammern oder versuchen es eben positiv zu sehen. Ich mache Letzteres, denn ich bin mir sicher es wird sich wieder ändern! Ich habe schon sehr viel im Leben erlebt. Irgendwo, irgendwie geht es immer weiter!
Uns gefällt es so ganz gut. Wir machen jedenfalls das Beste daraus und hoffen Euch gelingt das spätestens nach diesem Bericht auch ;-) Der einzige kleine Haken: zugegeben, das Reisen, bzw. noch nicht einmal die Möglichkeit zu haben zwei Tage an den Bodensee zu fahren, wird uns aber auch bald fehlen.
P.S.: Haltet all die Infos auch für Eure nächste Reise parat.
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Renate (Montag, 30 März 2020 23:03)
Hallo Ihr Lieben,
ein Sabbatical ist sicher nicht nur eine wunderbare Möglichkeit, auf Reisen zu gehen. Man kann in dieser langen Zeit auch mal ausprobieren, wie harmonisch das gemeinsame Leben auf engem Raum ablauf kann oder auch nicht. Manche Paare sind ja schon in einem kurzen Urlaub überfordert und streiten sich. Wobei hier und da ein kleiner Streit nicht schlimm ist, Hauptsache man tauscht sich aus und respektiert den anderen. Bei meinem Mann und mir klappt das auch sehr gut. Nach 41 Jahren haben wir uns zusammengerauft und sind ein prima Team.
Bleibt gesund und munter!
Liebe Grüße
Renate
Kind im Gepäck (Montag, 06 April 2020 11:07)
Hallo Renate,
ja, da hast du recht. Wir haben das Zusammenleben auf engstem Raum mehrfach erfolgreich erprobt. Ich denke auch, man muss den anderen akzeptieren und manchmal kracht es eben. Wir sind war erst 19 Jahre erfahren, aber es läuft ;-)
Liebe Grüße
Ulrike (Montag, 13 April 2020 22:20)
"Man kann sich immer irgendwie durchmogeln - egal ob als Paar oder Familie. Man verkriecht sich, haut ab, geht dem anderen aus dem Weg, bis das Problem vergessen ist." Was habt ihr nur für ein seltsames Bild von einer Beziehung?? In einer gute Beziehung ist es auch ohne Corona möglich und ohne zu reisen, dass man im Konfliktfall miteinander redet. Sich durchmogeln, sollte für Erwachsene keine Option sein. Ich wünsche Euch eine lange und glückliche Beziehung.
LG
Ulrike
Kind im Gepäck (Donnerstag, 16 April 2020 15:44)
Hallo Ulrike,
wir haben kein seltsames Bild von einer Beziehung. ich weiß nicht wie du dazu kommst. Wir sind seit bald 20 Jahren zusammen... mehr muss ich glaub nicht sagen. Ich rede auch nicht von uns, sondern allgemein. Wenn du es anders kennst, sehr schön, allerdings höre ich oft genug wie mit "Stress" in der Beziehung umgegangen wird und da haben viele Paare eben ein Problem. Wieso gibt es denn nach Urlauben usw. vermehrt Trennungen
Was du schreibst ist richtig und genau, das sehen wir auch so. Durchmogeln ist nicht, aber das merken viele auch erst jetzt - nicht wir.
VG