Arbeiten - weg von der Familie
Zur Person:
Sane ist 32 Jahre und arbeitet in Umdloti Beach, etwa 20 Kilometer nördlich von Durban, in einem Ferienhaus und einem angrenzenden Apartment als Haushälterin. Sie wuchs bei ihrer alleinerziehenden Mutter auf und hatte dennoch das Glück, nach der Primary School die weiterführende Secondary School zu besuchen. Sie schloss die Schule ab, konnte aber aufgrund der finanziellen Lage dann keine Universität besuchen, sondern musste sich direkt einen Job suchen um Geld zu verdienen.
Sane arbeitete zunächst in zwei Hotels bevor sie vor vier Jahren zum Klag-Sukkel Guesthouse in Umdloti Beach kam. Auch wenn ihr der Job sehr viel Spaß macht, einen großen Haken hat die Arbeit im Guesthouse leider. Doch den nimmt sie zwangssweise, wie viele dunkelhäutige Afrikanerinnen, auf
sich. Denn vergleichbare Möglichkeiten bleiben ihr leider kaum.
Ihre Geschichte beginnt...
Wir fahren auf den Hof unserer Unterkunft, allerdings fast zwei Stunden später als geplant. Da wir zunächst niemanden sehen schleichen wir etwas verstolen über das
Gelände. Und dann steht sie plötzlich mit einem breiten Lächeln über das ganze Geischt vor uns: Sane. "Nice, that you are here! How are you?" begrüßt sie uns überschwänglich und möchte sofort
beim Ausladen helfen. Doch wir winken ab. Lieber erst die Unterkunft kennen lernen. So führt uns Sane motiviert herum und zeigt uns alles.
Am nächsten Tag kommen wir mit der anscheinend so glücklicken und freudigen jungen Frau ins Gespräch. Erst etwas oberflächlicher, aber dann tatsächlich noch etwas tiefer. Denn da wir keine großen Unternehmungen geplant haben, kümmert sie sich während unserer Anwesenheit um unser gemietetes Haus.
Ich gehe davon aus, dass sie alleine lebt oder maximal mit einem Freund, irgendwo in der Nähe. Doch es ist ganz anders. Aber sie rückt nur langsam mit der traurigen Wahreit ans Licht.
"I also have a son", lächelt die 32-Jährige plötzlich verlegen und schaut zu Samu. "Cool", freue ich mich und bin gespannt. Doch das darauf folgenden "yeah..." lässt vermuten, dass es nicht so toll ist.
Aus dem Township zum Arbeiten im Villen-Viertel:
"I don´ t live here. I live at Inanda", klärt sie auf. Sie sieht meine Fragezeichen in den Augen. "Inanda is not so far away, about 20 Kilometer", erklärt sie weiter und stockt. "But for me far enough, because you can´ t get there easy." Inanda liegt etwas weiter im Inland. Grob erklärt zwischen Umdloti Beach und Durban. Inanda ist ein Township und die Armut in der Region allgegenwärtig.
"It takes me about 90 minutes to get there", berichtet Sane weiter. Eineinhalb Stunden für nicht einmal 30 Kilometer! Leicht erklärt für Sane: "I need to take two different buses." Aber das ist nicht ihr größtes Problem. "Most oft the time, even when I´ m free, I stay at the guest house due to the costs of the bus fare." Was kostet so eine Busfahrkarte, hake ich interessiert nach. "It´ s 50 Rand return." Mir klappt die Kinnlade runter. Das sind gerade einmal rund 3 Euro. 3 Euro für Hin- und Rückfahrt. 3 Euro, die sie sich nicht leisten kann!
Wenn der Sohn bei der Großmutter aufwächst....
"It is ok", lacht sie, nachdem sie merkt, dass ich leicht schockiert bin. Ich schüttle innerlich immer noch mit dem Kopf. 3 verdammte Euro.... Und deshalb siehst du deinen Sohn nicht so oft? "Yes, most times I see him once a month or sometimes when we are too busy I don´ t see him for weeks at all", erzählt Sane weiter und lächelt wieder, wenn auch eindeutig geqält. "I got used to it", sagt sie trocken und sagt sie wisse, dass ihr Sohn in guten Händen ist: "He lives with my mother. She cares good about him." Das mag ja sein, aber für unser eines immer noch irgendwie unverständlich. Allerdings, ein gängiges Bild für Afrika-Reisende: in armen Gegenden ist es oft so, dass die Kinder bei der Oma sind.
"I am the only one who can earn money", begründet die 32-Jährige weiter. "The father of my son is.... whereever (sie macht eine ausschweifende Handbewegung) and doesn´ t care about that." Somit bleiben ihr nicht viele Möglichkeiten.
Die einsame Mutter?
Hast du hier in Umdloti wenigstens Freunde oder so, hake ich nach. Sane schüttelt abermals den Kopf. "No friends" unterstreicht sie das Kopfschütteln und meint
wiederum: "You get used to it." Jeden Tag nur rund 20 Kilometer von meiner Familie oder Freunden entfernt zu leben, aber diese nie zu sehen - es fällt mir schwer das als "gewöhnlich" zu
betrachten. Ich kann mir nur schwer vorstellen so zu leben und wirklich glücklich zu sein. Und ich merke, dass es auch der 32-Jährigen Haushälterin nicht ganz so leicht fällt wie sie versucht
vorzugeben. Vor allem ihren Sohn vermisst sie natürlich, aber um ihm wenigstens etwas bieten zu können hat sie keine andere Wahl.
Es ist für unsereins irgendwie ein krasses Schicksal, wenn man bedenkt, dass 3 Euro nfür den Bus nicht drin sind. Dennoch versucht sie für ihren Sohn und sich das Beste daraus zu machen.
Mich hat Sane sehr beeindruckt: trotzdem jeden Tag so beschwingt zu arbeiten, so viel Freude an den Tag zu legen und so positiv auf das Leben zu blicken - davon können wir uns alle doch ein Stück abschneiden.
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Entdeckerstorys (Freitag, 25 Januar 2019 10:25)
Es ist genau, wie Du sagst: Für uns sind es 3 verd... Euro, ein Cappuccino in der Fußgängerzone - und dort entscheiden die über so elementare Dinge... Ob man sich als Mutter wirklich daran gewöhnen KANN - oder eben doch einfach MUSS?!? Wir müssen uns bei aller Mäkelei doch immer wieder bewusst machen, dass wir im weltweiten Monopoly eine ganz schön hochkarätige Straße erwischt haben ...
Kind im Gepäck (Samstag, 26 Januar 2019 21:51)
Ja, das hast Du schön zusammengefasst. Ich freue mich über jeden, den ich mit der Story ein wenig zum Nachdenken bewegen kann.
Jenny (Montag, 28 Januar 2019 11:19)
Was für eine krasse und doch so alltägliche Geschichte. Ähnliche haben wir auch in Südostasien sehr oft gehört - Mütter, die fern ihrer Familie arbeiten müssen, um die Kinder zu versorgen, ihre Babys nur heimlich in der Pause füttern dürfen oder sie bei den Großeltern lassen... traurig. Und umso schlimmer, dass wir Erstwelt-Genießer daran schuld sind und als Individuen gar nicht viel gegen solche Zustände tun können. Unsere Kinder hat das immer sehr beschäftigt...
Toll, dass ihr Menschen wie Sane wenigstens eine Stimme gebt! Und andere Reisende darauf aufmerksam macht, was sie in ihrer Urlaubsidylle vielleicht lieber nicht sehen wollen.
Liebe Grüße
Jenny
Kind im Gepäck (Montag, 28 Januar 2019 11:43)
Solche "schlimmen" Geschichten gibt es leider wohl fast überall auf der Welt. Manchmal frage ich mich dann auch, warum wir daran nichts ändern können, bzw. warum "wir" Menschen wie Sane nicht einfach ein paar Euro, Rand, Dollar oder was auch immer mehr bezahlen. Aber macht es das besser? Es ist alles so verzwickt und nicht einfach...
Sehr schade ist, dass viele das eben nicht sehen wollen. Toll, dass sich selbst eure Kinder damit beschäftigen! Ich hoffe mit solchen Geschichten wenigstens ein paar Menschen darauf aufmerksam zu machen, wie es denen die für einen arbeiten, so ergeht.
Beste Grüße!
Sabine von Ferngeweht (Sonntag, 17 Februar 2019 21:42)
Danke für den Einblick in den Alltag der Einheimischen. Solche Geschichten liest man ja nicht oft auf einem Blog ...
Kind im Gepäck (Montag, 18 Februar 2019 10:16)
Leider, ich finde solche Geschichten sehr toll und über diese sollte viel häufiger berichtet werden. Ist doch schade, wenn die "Wahrheiten" so vielen Touristen verborgen bleiben.