Fremdschämen angesagt
Manchmal, da sind Touristen nur zu leicht zu erkennen. Entweder anhand ihrer Kleidung oder aber anhand ihres ziemlich unpassenden Verhaltens. Oftmals ignoriert man das Fehlverhalten dann einfach, schüttelt den Kopf und schlägt imaginär die Hände vor´s Gesicht. Ok, in manchen Fällen muss man auch schmunzeln oder gar herzlich in sich hineinlachen. Es gibt aber auch Momente, die gehen zu weit. Da ist mehr als Fremdschämen angesagt. Vor allem wenn Kinder dabei sind und von ihren Eltern das falsche Verhalten vorgemacht bekommen.
Die Momente, in denen mir beim Reisen der Mund weit offen stehen geblieben ist gab es immer wieder. Leider aber manchmal nicht im positiven Sinn von "Wow - das ist geil!". Also nicht, weil die Landschaft so atemberaubend schön ist, nicht weil der Moment einzigartig erscheint oder weil mir ein seltenes Tier über den Weg gelaufen ist, sondern weil ich denke, ich sehe nicht recht. Kann das wirklich sein? Passiert das gerade wirklich was ich da sehe? Leider lautete die Antwort immer: ja! Die Erlebnisse reichten von bloßem dreisten oder unverschämten Handeln bis hin zum wahrlich filmreifen Fehlverhalten.
Ab sofort stelle ich Euch daher unser "No-Go des Monats" vor. Lasst Euch überraschen was es gibt, von dem man eigentlich denkt, dass es so etwas nicht gibt ;-)
Balule im Krüger
Zur Einführung in dieses monatliche Blog-Thema beginne ich mit einer kleinen Geschichte die sich schon vor ein paar Jahren ereignete. Aber es war und ist definitiv noch immer eines unserer einprägsamsten Erlebnisse. Nein, ich kann sogar sagen es ist DAS "No-Go" Erlebnis schlechthin. Es ereignete sich im Jahr 2012 im Krüger Nationalpark in Südafrika. Da hatten wir selbst kein Kind im Gepäck, aber das Fehlverhalten in persona hatte damals seine beiden Kinder im Schlepptau.
Am frühen Abend waren wir in unserem Camp, dem Balule Satellite Camp, angekommen. Das Balule ist ein sehr kleines und einfaches Camp am Olifants River. Hier gibt es so gut wie nichts. Also keine Verwaltung, keine Rezeption, keinen Shop oder ähnliches. Eingecheckt wird in einem der großen Camps Satara oder Olifants. Alles ist also sehr rustikal. Es gibt nur 15 Campingplätze und 6 so genannte Huts. Die Huts sind ohne Elektrizität, Fenster und Klimaanlage. Es gibt zudem auch nur ein Gemeinschaftsbad. Wir hatten ein Hut. Denn genau das wollten wir ja: Natur pur im Krüger erleben! Und hier im Balule, da waren wir die Eingezäunten und nicht die Tiere draußen.
Wildtierfütterung live - wie bitte?!?
Am Abend wurde ein paar Huts weiter der Grill angemacht. Auch wir hatten uns gemütlich vor unser Hut gesetzt. Der Geruch von leckerem Fleisch schien nicht nur uns in die Nase zu steigen. Nach einer Weile beobachteten wir reges Treiben am Zaun. Da mussten wir natürlich auch mal nachschauen gehen. Und was wir dann erlebten ließ uns den Atem stocken. Eine russische Großfamilie hatte ihren Grillabend offensichtlich gerade beendet und der Vater mit einer großzügigen Fütterungsaktion begonnen. Ganz nach dem Motto: "Kinder schaut her, ich zeig euch was Tolles!" Zunächst schleuderte er ein paar große Fleischbrocken über den Zaun den dort stehenden Hyänen zum Fraß zu. Die schauten erst recht verdutzt, nahmen das kostenlose leicht verdiente Mahl dann aber natürlich an. Wir und ein amerikanisches Ehepaar waren zunächst leider komplett sprachlos. Ich fragte mich immer wieder ob ich das wirklich richtig sehe... Danach versuchte der Russe tatsächlich die Hyänen auch noch durch den Zaun hindurch von Hand zu Füttern!!! Die Kinder lachten und warfen nun ebenfalls Sachen (Eiswürfel, Stecken, Wurst) über den Zaun. Das war glücklicherweise selbst den Hyänen zu viel. Dann ergriff der Amerikaner das Wort, doch der Russe lächelte nur nach dem Motto: "Ich verstehe nix." Also ich grimmigen Blickes und böser deutscher Worte den Foto in seine Richtung drehte, hörte der Vater auf. Die Kinder, ziemlich eingeschnappt, wurden dann in den Hut gerufen. Ende der miesen Fütterungsaktion.
Schock und Frustration
Ich unterhielt mich noch eine Weile mit dem amerikanischen Ehepaar die ebenso geschockt waren wie wir. Beide machten wir uns Vorwürfe nicht schneller reagiert zu haben. Doch die Szenerie war irgendwie so absurd gewesen. Wer füttert schon wilde Tiere in einem Nationalpark?!?!?! Überall hängen zudem Verbotsschilder - "Tiere nicht füttern!" Und jeder weiß, Tiere die gefüttert wurden, müssen eventuell erschossen werden wenn sie deshalb nun gefährlich werden.
Da wie gesagt keine Ranger im Balule Camp sind meldete ich den Vorfall inkl. Fahrzeugnummer der Familie im Orpen Camp bzw. am Gate. Oder sagen wir besser ich wollte es. Schließlich wollte ich, dass diese verantwortungslosen Menschen zur Rechenschaft herangezogen werden. Doch leider konnte man mir hier nicht weiterhelfen. Angeblich müssen solche Fälle zentral gemeldet werden. Man gab mir also eine Telefonnummer bei der ich anrufen sollte. Ich erklärte, dass wir aus Deutschland kommen und mein Handy (mit pre-paid - Karte) hier nicht funktioniert. Das interessierte aber nicht weiter. Anstatt mir vor Ort ein Telefon anzubieten, schickte man uns los eben außerhalb des Parks nach einem Telefon zu fragen. Wie bitte? Das ist für mich bis heute ebenfalls unverständlich! Ich versuchte es am darauffolgenden Tag noch in einem anderen Camp - vergebens. Sehr schade! Wenn man natürlich alle Übeltäter so leicht davonkommen lässt, dann muss man sich nicht wundern. Vielleicht hat sich das mittlerweile aber auch geändert... Schön wär´s! Wobei es noch schöner wäre, wenn Menschen einfach ihr Gehirn einschalten und nicht in einen Nationalpark fahren und diesen nicht zu schätzen wissen.
Anmerkung: Bitte diesen Blog-Beitrag nun nicht als "Russenfeindlich" betrachten. Es war nun einmal so. Es hätten auch anderes Landsleute sein können.
Seid Ihr schon im Krüger oder einem anderen Nationalpark gewesen und habt etwas so Unglaubliches erlebt? Dann erzählt es uns doch bitte!
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Kerstin (Donnerstag, 01 Dezember 2016 07:57)
Wenn ich sowas lese werde echt wütend! Leider gibt es viel zu viel solcher Idioten die garnicht wissen was sie da anrichten.
Hätte sich der Typ bei der ganzen Aktion verletzt wäre vermutlich auch das Tier schuld gewesen. Unbegreiflich sowas....
Gut , dass du mit dem Fotoapparat reagiert hast!
Die Idee solche No-Gos zusammenzufassen finde ich super! Werde bestimmt jetzt öfter hier reinlesen.
Liebe Grüße
Kerstin
Kind im Gepäck (Donnerstag, 01 Dezember 2016 12:08)
Was glaubst Du wie wütend ich heute noch bin.
Ja, wahrscheinlich wäre das arme Tier direkt erschossen worden, du weil sich manche Leute ihren Kopf nicht benutzen.
Vielen Dank -schau gerne vorbei ;-)
Liebe Grüße von Mel & Samu und Papa Rolf
Sabine von Ferngeweht (Donnerstag, 01 Dezember 2016 16:34)
Gleiche Situation, aber noch schlimmer: In der Pampa in Boliven (am Rande des Amazonas-Gebiets) haben wir den Guide eines angeblichen Öko-Tour-Anbieters beobachtet, wie er seine Fahrgäste im Boot aufforderte, die Affen im Baum zu füttern. Die sprangen natürlich aufs Boot, die Touristen quietschten vor Vergnügen, und der Guide grinste nur. Wir haben Fotos davon gemacht, sie nach unserer Rückkehr dem Öko-Tour-Anbieter und unserem eigenen Touranbieter vorgelegt. Der wollte sie irgendjemand Offiziellen zeigen. Ob wirklich Konsequenzen erfolgten, wissen wir leider nicht. :-(
Kind im Gepäck (Donnerstag, 01 Dezember 2016 17:03)
Hallo Sabine,
oh man, wenn man als Öko-Anbieter das macht, passt das auch so gar nicht zusammen. Wahrscheinlich war es leider wie beim mir. Meine Bemühungen den Typ "anzuzeigen" wurden nicht aufgenommen und bei euch hat sich das bestimmt leider auch im Sande verlaufen. Aber man muss dazu sagen: das wird bestimmt nur gemacht weil es die Touristen doch leider wollen. Viele wollen die netten Tierchen hautnah erleben und denken nicht daran wie das für die Tiere ist.
Schade.
Viele Grüße und Danke für Deinen Beitrag,
Mel & Samu und Papa Rolf